Sonntag, 11. März 2012

Wie ich ACTAvist wurde

ACTA (Anti Counterfeiting Trade Agreement) ist ein völkerrechtliches Abkommen zur Bekämpfung der Produktpiraterie. Es soll die Durchsetzung von Immaterialgüterrechten, also geistigem Eigentum, in den Staaten regeln, die ACTA ratifizieren. Die Aktivisten von Anonymous haben es geschafft, dieses Thema auch in meinem Bewusstsein zu verankern. Mit Schlagworten wie "Netzzensur" und "Three Strikes Law" (Abschaltung meines Internetzugangs nach drei Urheberrechtsverstößen) hatten sie mich. Und dieses Video gab mir den Rest:



Es mag eine normale Regung sein, dass ich, nachdem ich das Video gesehen hatte, meinem Drang nach Protest nachgeben musste. Einziges Hindernis: ich wollte meine Couch nicht verlassen. Für diese Fälle gibt es das sofademokratische Mittel der öffentlichen Onlinepetition (E-Petition) des Deutschen Bundestages. Sanft in der Anwendung, äußerst milde in der Wirkung. Auf diesem Wege sind bereits so populäre Anliegen wie die Halbierung die Besteuerung für Benzin und Diesel gescheitert.

Von der Couch in den Bundestag: E-Petitionen

Dabei handelt es sich sozusagen um das Beschwerdemanagement des Staates. Jedermann hat das Recht, als Einreicher (Petent) irgendein Anliegen (Bitte, Beschwerde) an den Petitionsausschuss zu senden. Es kann um eine Einzelfallentscheidung gehen oder um generelle Regelungen. So kann man einen Petitionsantrag beispielsweise mit den Worten "Der Deutsche Bundestag möge beschließen, dass" beginnen. Anschließend begründet man seine Intention. Online können registrierte Nutzer, von denen es derzeit bereits rund eine Million geben soll, die Petition innerhalb einer Frist von vier Wochen durch "Mitzeichnen" unterstützen. Kommen dabei mindestens 50.000 Stimmen zusammen, wird der Petent sogar persönlich in die Sitzung des Petitionsausschusses nach Berlin eingeladen. Der Petitionsausschuss bescheidet die Anliegen unter Einbeziehung der Fachbereiche. Denkbar ist, dass über eine Petition Gesetzgebungsverfahren durch die Meinungsbildung bei den Parlamentariern beeinflusst werden.

Für die Aussetzung der ACTA-Ratifizierung gab es glücklicherweise bereits eine Petition, die ich nach meiner Online-Registrierung als 37.070. Unterstützer mitgezeichnet habe. Quasi vom Sofa aus habe ich die Freiheit des Internets verteidigt. ACTA ist zwar derzeit ausgesetzt, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben - da muss man dranbleiben.
 
Inzwischen hat sich durch weitere Recherchen zum Thema "ACTA" ergeben
, dass das Video, welches meine Entscheidung zur Mitzeichnung der Petition maßgeblich beeinflusst hat, mit dem aktuellen Inhalt des ACTA-Vertrages nicht mehr viel zu tun hat. Die meisten Vorgaben des ACTA-Vertrages sind in Deutschland bereits geltendes Recht. Die Bewegung hat den Protest gehörig aufgebauscht und spielt mit den Ängsten der Menschen. Nun könnte ich meine Stimme im Petitionssystem widerrufen. Doch glücklicherweise gibt es tatsächlich einige, wenn für mich auch wirklich unbedeutende, Kritikpunkte, die meinen Aktivismus nachträglich legitimieren. Doch bevor ich das nächste Mal in völkerrechtliche Verhandlungen eingreife, werde ich mich besser informieren.

Mittwoch, 7. März 2012

Autokennzeichen: bald wieder mit GHA und BNA unterwegs?

Wer im Landkreis Leipzig ein Kraftfahrzeug anmeldet, erhält ein Kennzeichen mit dem Unterscheidungszeichen "L", welches sowohl für den Stadtkreis als auch für den Landkreis Leipzig steht. Vor den letzten Kreisgebietsreformen war die Vielfalt größer, unter anderem gab es das "MTL" für den damaligen Muldentalkreis und zuvor "BNA" für Borna, "GHA" für Geithain, "WUR" für Wurzen und "GRM" für Grimma. Die Wiedereinführung dieser Altkennzeichen ist in greifbare Nähe gerückt. Auch auf Initiative der Sachsen hin hat eine Bund-Länder-Kommission einen Umsetzungsvorschlag erarbeitet, über den im ersten oder zweiten Quartal dieses Jahres im Bundesrat abgestimmt werden soll. Die Chancen eines Mehrheitsbeschlusses werden als realistisch eingeschätzt. Damit liegt es bei den Städten, aktiv zu werden, und ihre Wiedereinführungswünsche gegenüber dem eigenen Bundesland zu äußern, welches dann den Antrag beim Bundesverkehrsministerium stellt.

Woher kommt er denn nun?

Nun ist in Borna eine Diskussion darüber entbrannt, ob die Wiedereinführung des Unterscheidungszeichens "BNA" sinnvoll ist oder nicht - Lokalpatriotismus vs. Provinzialität. Für mich stellt sich diese Frage nicht. Durch eine Umfrage der Hochschule Heilbronn, die als Ausgangspunkt der Debatte über die Wiedereinführung alter Kennzeichen gilt und auch in Sachsen durchgeführt wurde, habe ich den Eindruck, dass es durchaus Bürger gibt, die sich das Kennzeichen BNA zurück wünschen; es sei dahingestellt, ob am aktuellen Fahrzeug oder am nächsten. Wenn es die Allgemeinheit nicht belastet, sehe ich keinen Grund diesen Beschluss in den Stadträten nicht einfach zu fassen und stattdessen, wie in Borna, ein Politikum daraus zu machen. Ob es diesbezüglich Aktivitäten in Geithain gibt, ist mir nicht bekannt. Von Grimma und Wurzen heißt es, dass es Abstimmungen geben wird.

Wie dem auch sei: interessant ist in diesem Zusammenhang, dass bereits 1950 in der Bundesrepublik ein erster Entwurf der Kennzeichensystematik auch die Landkreise auf dem Gebiet der DDR (z. B. "L" für Leipzig) sowie die unter polnischer und sowjetischer Verwaltung stehenden ehemaligen preußischen kreisfreien Städte und Landkreise (z. B. "KP" für das ostpreußische Königsberg) umfasste. Diese existierte über die Einführung des bundesdeutschen Kennzeichensystems (1956) als sog. "Ostzonenverzeichnis" weiter und reservierte die Unterscheidungszeichen für den Osten. In diesem Verzeichnis wurde für Borna seit 1950 das Unterscheidungszeichen "BRN" geführt, Geithain war nicht vertreten. Mit der Wiedervereinigung wurde das Bornaer Untescheidungszeichen "BNA" eingeführt.