Samstag, 23. März 2013

Schule 2025: Programmieren statt Hauswirtschaft

Mein Sohn wird dieses Jahr eingeschult. Mental habe ich mich darauf bereits vorbereitet. Das Lehrerhasserbuch steht im Bücherregal und ich habe etwas Geld beiseite gelegt. Wofür? Für ein iPad, auf welches die Schulbücher geladen werden können. Außerdem soll er seine Apps darauf testen, die im Unterricht programmiert werden. Irgendwann muss es ja soweit sein. Ein Blick nach vorn.

Vor Jahren hätte ich einen teuren Schulranzen gekauft, der das Gewicht der Holzfibel und der Hefte ergonomisch auf dem Rücken verteilen musste. Heute ist das dank moderner Technik nicht mehr nötig. Ein gesundes Frühstück, die Sportkleidung und das Tablet fallen kaum in's Gewicht.

Wann immer es Sinn hat, setzt die Klassenlehrerin, eine digital native übrigens, diese Technik ein. Interaktionen und Multimedia reichern den Unterricht an. Sogar die Hausaufgaben machen Spaß. Die preisgekrönte Übungssoftware des Bildungsministeriums stellt sich auf die Schüler ein und erkennt individuelle Stärken und Schwächen. Sie motiviert anstatt zu quälen und erstellt ein Leistungsprofil, welches es gestattet, jeden Schüler persönlich zu fördern. Wer die basic skills erworben hat, übt auf einem höheren Level, als derjenige, der sich noch mit den Grundlagen müht.

Diktate und andere Tests werden weitgehend automatisch bewertet. Der Unterricht wird von einer Bildungsredaktion zentral erstellt, laufend aktualisiert und den Lehrern als Lehrplanmodul elektronisch zur Verfügung gestellt. Veraltete Lehrpläne gibt es nicht. Die Pädagogen haben Zeit für mehr schülerbezogene Förderung, für eigene Weiterbildungen und für fakultative Angebote für ihre Schüler. Nachhilfe-Zirkel gehören mangels Nachfrage der Vergangenheit an.

Da alle Kinder bereits in der Kita Englischstunden genommen haben, wird der Sprachenunterricht in der ersten Klasse konsequent fortgesetzt. Froh bin ich darüber, dass das Erlernen einer zweiten Fremdsprache nicht mehr Voraussetzung für die Abiturzulassung ist. Nur englisch, aber intensiv, lautet die Devise. Welche Zeit habe ich selbst im Russischunterricht vergeudet, meinem Sohn bleibt das erspart.

Nach vier Jahren computergestützten Unterrichts beherrschen die Kinder ihre Geräte perfekt. Keines käme auf die Idee, ein papierenes Hausaufgabenheft zu führen, niemand zersticht noch mit einem Zirkel seine Schreibtischplatte.

Mit der fünften Klasse ist es an der Zeit, aus den kleinen Anwendern Entwickler zu machen. Die erste Programmiersprache wird gelehrt. Einfache Programme entstehen, um interessante Aufgabenstellungen aus den naturwissenschaftlichen Fächern zu lösen. Mit der Zeit entwickeln die Schüler komplexe Projekte, zu denen jeder, seinen Neigungen entsprechend, beiträgt. Kaum zu glauben, dass in der Vergangenheit im Schulfach Hauswirtschaft Kochen, Nähen und Putzen gelehrt wurde.

Den Schülern gibt man Zeit zum Forschen und Ausprobieren. Volle Unterrichtstage gelten einem Projekt, ohne dass der Pausengong im Dreiviertelstundentakt unterbricht. Zusätzliche Zeit wurde dadurch gewonnen, dass man die Schulfächer Geschichte, Musik, Religion und Ethik zu einem Fach zusammengefasst hat, welches jetzt "Kulturgeschichte" heißt.

Wenn die jungen Erwachsenen mit ihrem Realschulabschluss oder dem Abitur die Schule verlassen, stehen ihnen die Türen von Unternehmen und Hochschulen offen. Sie verfügen über Kompetenzen, welche früher nur einem Teil der Absolventen vorbehalten war. Sie haben ein hohes Maß an Selbstbewusstsein, an Selbstorganisation, an Verständnis wirtschaftlicher Zusammenhänge und an wissenschaftlich-technischem Wissen. Ihre Wege führen sie in eine technologische Zukunft, viele werden Forscher, Entwickler und Entrepreneure. Ihre Entwicklungen und unternehmerischen Erfolge bringen Deutschland Wohlstand und ihnen selbst.

Dabei war das Land bereits auf dem Weg in die Dienstleistungsgesellschaft.
Die Zukunft roch nach Altenpflege. Selbst Mondlandschaften sollten touristisch erschlossen werden für eine Handvoll schlecht bezahlter Jobs. Und wir glaubten, mit Infrastruktur Wirtschaft anzulocken.

Doch Bildung war der Schlüssel. Die Sachsen waren die ersten, die ihr Bildungssystem radikal nach den Erfordernissen des Marktes ausgerichtet haben. Das war der Aufbruch in die Technologie- und Wissensgesellschaft. Bildung war der Rohstoff, der alles andere nach sich zog.

Daran würde ich mich gern erinnern.

2 Kommentare :

  1. Ich habe in meiner Schulzeit auch zwei Jahre Hauswirtschaft gehabt. Ich war auf einer Ganztags-Realschule, wo es normalerweise Essen gab. Die Hauswirtschaftsstunden begannen um 13.45 Uhr und endeten um 16.30 Uhr. Während dieser Stunden haben wir unser Essen selber gekocht. Die Lehrerin, meine Klassenlehrerin hat das Rezept ausgesucht und wir haben es nachgekocht.

    Nach dem Essen haben wir uns noch mit hauswirtschaftlichen Dingen beschäftigt, also Küche einrichten, einbißchen Biochemie gehabt (ich war zu der Zeit auch im Chemie-Kurs -> Hauptfach) und etc...

    Ich habe die Neigungsgruppe der Musik und Theaterbühne und Programmierung vorgezogen, weil meine Mutter hatte Multiple Sklerose und da schon vor der Neigungsgruppe zu Hause gekocht habe und danach mit neuen selbst erstellten Rezepten nach Hause kam, war die Gruppe bis zum heutigen Tage nicht Unnütz.

    Ich weiß, alle die die Musik selber machen mögen, werden jetzt ein Riesenseufer aussprechen, dass ich das nicht gewählt habe anstatt Hauswirtschaft. Ich habe leider keine musikalische Ader. In späteren Jahren habe ich mir so einige Informatikkenntnisse noch angeeignet, zum Programmieren bin ich nicht dazu gekommen, weil ich eher meine Fremdsprachkenntnisse in Englisch, Französisch und auch Spanisch erweitert habe oder bin noch in dem Begriff das zu tun.


    Ich habe für das Fach Hauswirtschaft "nur" eine 3 bekommen, was beweist; ich kann niemals Spitzenkoch werden ;-).

    PS: Ich wohne und bin in Westdeutschland aufgewachsen.

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    1. Die Fähigkeit, einen Haushalt zu führen und zu kochen, möchte ich nicht geringschätzen. Ich denke nur, dass diese Materie nicht in den Unterricht gehört, der alle Schüler fit machen soll für die berufliche Zukunft, sondern in zusätzliche freiwillige Angebote (hier im Osten würden wir sie wahrscheinlich als "AG" - Arbeitsgemeinschaft bezeichnen). Übrigens: das Kochen habe ich von meiner Mutter gelernt, mein Vater lässt traditionell sogar Wasser anbrennen. Aber das ist ein anderes Thema, nämlich der #Aufschrei ;)

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